Aktuelles

Fest der Kulturen

Ansprache von Pastorin Marion Schmager, stellvertretende Superintendentin

Die Welt ist bunt. Die Menschheit ist bunt. Und Peine ist es auch. Das feiern wir heute mit dem Fest der Kulturen. Wir feiern, was wirklich tief in der Welt und in der der Menschheit verankert ist: Vielfalt, Anderssein, Sich unterscheiden. Das sind Zeichen von Gesundheit. Ein Zeichen für gesunde Gemeinschaften. Dass pflanzliche Monokulturen Probleme bringen, wissen wir. Aber auch menschliche Monokulturen taugen nichts.

Pflanzliche Monokulturen führen zur Bodenverarmung, zum Verlust der Biodiversität, zu Erosion, Wasserverschmutzung und zum Klimawandel, zu wirtschaftlicher Abhängigkeit und sozialen Problemen.

Auch menschliche Monokulturen schaden der Welt: Denken wir an die kommunistische Ein­heitspartei in Nordkorea, die unglaubliches wirtschaftliches Elend über ihr Land bringt. Selbsternannte Gotteskrieger metzeln sogar eigene Glaubensgeschwister im Namen einer Einheitsreligion nieder. Die Nationalisten, die Populisten, die Autoritären in unserem Land, die demokrati­sche Werte erodieren lassen und unsere Gesellschaft anfällig machen für die Schädlinge der Überheblichkeit, des Hasses und der Gewaltbereitschaft.

Mit Vielfalt fährt man immer besser: ökonomisch, ökologisch, politisch, sozial.

Ganz am Anfang, so erzählt es die Bibel, meine Heilige Schrift, ganz am Anfang sprachen die Menschen eine Sprache, damit sie sich verstehen und offen aufeinander zugehen. Aber die Sprache der Stadt Babel war eine Sprache, in der Anweisungen gegeben und Befehle er­teilt wurden. Sich abplagen und bauen, pla­nen und ausführen, anordnen und gehorchen, keine Fragen stellen, weil es doch reicht, dass einige wissen, wo es langgeht. Und so nahm sie Gestalt an, die Stadt Babel, mit den breiten Straßen für die großen Aufzüge, mit Plätzen, auf denen sich gefühlt das ganze Volk versam­meln kann, mit Sichtachsen und monumenta­len Gebäuden, vor denen sich einzelne Men­schen nur klein und unbedeutend vorkommen können. Ein Turm, der in den Himmel reicht. Von oben erscheinen die Menschen wie Amei­sen. Denn mehr bist du nicht in dieser Stadt. Du bist eigentlich nichts, wie du da gräbst und baust und schleppst und gehorchst für das große Ganze.

Und dann tritt genau das ein, was sie befürchtet haben. Sie sprechen unterschiedliche Spra­chen, sie können keine Absprachen mehr treffen und keine Anweisungen mehr geben und gehen frustriert vom diesem Ort weg, der zum Symbol ihres Hochmuts und ihres Scheiterns geworden ist.

Wie gut, dass einer eingegriffen und gesagt hat: „So nicht“. Wie gut, dass es nicht weiterging mit dieser Stadt. Wie gut, dass sie dort nicht bleiben konnten. Wie gut, dass da einer die Menschen nicht eingemauert sehen wollte in der EINEN Stadt unter dem EINEN Turm mit EINER Einheitskultur, ängstlich und geduckt mit dem Blick nach oben zu denen, die ihnen sagen, wo es langgeht.

Vielstimmigkeit und Vielfalt, das ist das Prinzip, nach dem die Welt am besten funktioniert. Die Menschen haben sich deshalb zerstreut über die ganze Erde, sind in die Fremde gezogen und dort zu Fremden und wieder heimisch geworden.

Eine Geschichte vom Anfang, heute neu erzählt. Auf diesem historisch bunt gewachsenen Mark­platz in der Mitte der Stadt. Eine Stadt, in der Menschen aus aller Welt heimisch ge­worden sind. Eine Stadt, in der Menschen offen aufeinander zugehen und sich verstehen. Mischkul­tur statt Monokultur. Vielfalt statt Einfalt. Bunt statt braun.

Wir leben und wir feiern die bunte Stadt Peine.