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Geh aus mein Herz und suche Freud …

Corona wird nicht das letzte Wort haben

Gedanken von Superintendent Dr. Volker Menke

„Geh aus mein Herz und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit an deines Gottes Gaben“, so beginnt eines der bekanntesten Kirchenlieder. Paul Gerhardt hat es 1653 geschrieben. In jener Zeit wurde der Frühling, wenn alles knospet, grünt, blüht und Vögel singen und singen, kurz: das Leben in Buntheit und Vielfältigkeit neu erwacht, zum Sommer gezählt.

Paul Gerhardt hat in seinem Leben manchen Tiefschlag erlitten, durchlebt, durchkämpft. Vater und Mutter starben, da war er zwölf beziehungsweise vierzehn Jahre alt. Als er das Lied dichtet, ist das Land noch gezeichnet vom 30-jährigen Krieg. Dörfer und Städte waren geplündert und niedergebrannt worden. Paul Gerhardt verlor dadurch seinen Erbbesitz. Felder konnten nicht bestellt werden, es gab Hungersnöte. Die Pest hatte grassiert und Menschen dahingerafft, auch seinen Bruder.

Schlimme Erfahrungen, andere werden noch folgen. Und dennoch schreibt Paul Gerhardt sein Sommer-Lied. Er lässt sich nicht gefangen nehmen von den schlimmen Ereignissen. Sein Blick ist nicht wie gebannt auf sie gerichtet. Er sieht vor allem dieses: die blühende Natur und das so vielfältig erwachende Leben und weiß: die Leiderfahrungen sind nicht alles; und nie-, niemals werden sie das letzte Wort sprechen. Gottes Gaben, Bäume voller Laub, Blumen in ihrer Schönheit, Vögel, die singen, das muntere Hin und Her anderer Tiere, Felder, auf denen etwas neu wächst, erzählen davon, dass das Leben siegen und blühen wird, zeitlich schon und dann ewig. Das neu erblühende Leben ist für Paul Gerhardt ein Vorzeichen des Paradieses. In vielen seiner Liedtexte schlägt er einen Bogen von der Erde in den Himmel, von der Zeit in die Ewigkeit.

In Strophe 9 seines Sommer-Liedes heißt es mit Blick auf Gottes Wirken: „Ach, denk ich, bist du hier so schön und lässt du´s uns so lieblich gehn auf dieser armen Erden: was will doch wohl nach dieser Welt dort in dem reichen Himmelszelt und güldnen Schlosse werden, und güldnen Schlosse werden!“ Das ist ein Schluss vom Kleineren zum Größeren, vom Schönen zum noch Schöneren und kein Aufruf, weltvergessen oder gar weltflüchtig zu sein. Solange wir auf dieser Erde sind, tragen wir Verantwortung für sie, dafür, dass schon hier, so gut wie irgend möglich, das Leben auch durch unser Wirken zum Blühen kommt. Davon spricht Strophe 14 des Sommer-Liedes, eine Bitte an Gott: „Mach in mir deinem Geiste Raum, dass ich dir werd ein guter Baum, und lass mich Wurzel treiben. Verleihe, dass zu deinem Ruhm ich deines Gartens schöne Blum und Pflanze möge bleiben, und Pflanze möge bleiben.“

     Auch „Corona“ wird nicht das letzte Wort haben, und wir alle können schon jetzt und danach auch durch unser Verhalten und Wirken dazu beitragen, dass unser Miteinander und Füreinander, dass das Leben stärker bleibt als das Bedrängende und  in schöner Weise blüht. Jede, jeder kann zum Blühen der Lebensfreude beitragen. Paul Gerhardts Sommer-Lied tut dies auch – allem Schweren, auch „Corona“, zum Trotz.