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Heimat in der Ferne

Andacht zum Ferienbeginn von Andreas Bartholl, Pastor in Dungelbeck, Klein Ilsede und am Ratsgymnasium

Vom Schriftsteller Emil Gött stammt der Satz „Die Heimat des Abenteuers ist die Fremde“. Doch eine Umfrage weckt meinen Zweifel daran, dass wir in der Ferne nur das unbekannte Abenteuer suchen: 51 Prozent der Deutschen gehen gerne im Urlaub in die Kirche. Mein Gott, denke ich, wenn das mal an einem normalen Sonntag in unseren Gemeinden so wäre: Die Hälfte der Menschen aus unseren Orten käme gleichzeitig zum Gottesdienst – es wäre brechend voll in unseren Dorfkirchen, nicht wenige müssten draußen stehen und vermutlich wäre es auch (anders als bei der Konfirmation oder zu Weihnachten) für manche ungewohnt und gewiss sehr lebhaft. Aber die Statistik zum Urlaubsverhalten der Deutschen erfasst ja nicht nur die gottesdienstbesuchenden Urlauber, sondern auch jene, die sich aus touristischen Gründen Kirchen, gerne monumentale gotische Kathedralen oder beeindruckend ausgestaltete Barockkirchen, ansehen. Und dann gibt es noch einen weiteren „Typ“ von Kirchenbesuchern im Urlaub. Diejenigen, die sich am anderen Ort ganz bewusst einmal Zeit nehmen, die Stille (und im Sommer auch die Kühle) der Gotteshäuser genießen, zu beten, innehalten, zur Ruhe kommen. Vielleicht gerade, weil es im Urlaub leichter ist als im Alltag?

Was also suchen Menschen am Urlaubsort in den Kirchen? Das Zwiegespräch mit Gott im Gebet, die Stille (wenn schon nicht Gott, dann doch wenigstens sich selbst finden?), Seelsorge oder doch ein kleines Stück Heimat? Ist es -anders als Emil Gött es vermutet- dann doch eher das Wiedertreffen von etwas Vertrautem, das uns da in den oft jahrhundertealten Bauten begegnet? Der Duft nach Eichenholz oder Weihrauch, das Gefühl in durchbeteten Räumen zu sein, verbunden mit denen, die vor mir und nach mir hierher kommen werden? Die Hoffnung oder die Gewissheit hier etwas zu finden, was mich für meinen weiteren Weg, nicht nur im Urlaub, stärkt?

„HERR, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt“, bekennt der Beter des 26. Psalms. Gotteshäuser sind oft nicht nur architektonische Meisterwerke, sondern auch Orte des Heiligen. Vermutlich kommt niemand von einer Reise so zurück, wie er oder sie sich aufgemacht hat und Kirchen laden uns in Fern und Nah dazu ein auf die Reise zu gehen mit Gott, sich verändern zu lassen und neue Impulse für das Leben zu bekommen.

Ob ein Kirchenbesuch wohl auch für Sie und euch im Urlaub dazu gehört?

Eine gesegnete Sommer- und Reisezeit wünscht

Ihr und euer Andreas Bartholl